alles für dich


ich nehme dich mit
die straße herunter
die ich nie gehe

ich verlasse dich
am bahnhof
an dem ich nie angekomme

ich sitze allein
in zügen
mit denen ich nicht fahre

die zeit verinnt
mit und ohne dich
mit und ohne mich
leben die menschen
die ich nicht treffe

ich sitze an orten
die ich nicht kenne
mit menschen
deren gesichter ich nie gesehen habe
zur miete

die mit mir sind
möchte ich küssen
wieder und wieder
mit ihnen wege gehen
die ich nicht gegangen bin

bin geworden
der ich bin
nie sein wollte

alles für dich

Von Norden der Schatten


wunden nur geklammert
flüchtig
wuchert
faules fleisch
pulsiert
altes blut
nie gestillt
giftig

hinter schwarzen bergen
schneebedeckt

der schatten fällt von norden
immer und wieder

abflug im schatten des krieges
die sonne geht im norden unter
da ist kein licht
kalt die zukunft

abschied im frieden
längere umarmungen
pass auf dich auf
wenn aus hohler floskel sorge wird

die jahre im schatten
im land des weins gereift in der sengenden sonne kolchis legt sich finsternis über das land das söhne opfert und der töchter beraubt wird ständig sehnsuchts nicht zufluchtsort kommen sie ständig und gehen und sterben und rauben die richtigen und die falschen unter der sengenden sonne reift der wein auf ganz besondere art

es geht um die Freiheit
es geht um das Licht
es ist Krieg
so war es immer schon

Veröffentlicht unter Krieg

Auf einer Eiche…

nachts, wenn das telefon klingelt und keiner mehr rangeht
nachts, wenn du dich anrufst, um zu hören, ob der anrufbeantworter angeht
wenn du angst hast, dass jemand fremdes an dein telefon geht
nachts, wenn plötzlich alles so klar ist
und da ist
und bei dir ist
nachts
weißt du alles
schlaflos
nachts

träume von feuer
träume von zügen
träume
warum diese träume

auf einer eiche
saß eine leiche
wie kommt die leiche
auf die eiche

der tod ist nah
nur noch nicht jetzt wieder einszweidreivierfünfsechs langsamerzählen fünf sechs sieben acht neun zehn elf zwölf
atmest wieder
was sind die letzten gedanken
brennende städte
züge voller gefangener
züge voller vertriebener
der gong der tagesschau
die immer enger werdende freiheit, die dir ein warmes bett war, die du einst erkämpfen musstest, die du nie voll gelebt hast – traust dich nicht
früher war es nicht besser
noch nicht

eins zwei drei
einer isst kartoffelbrei
vier fünf sechs
einen holt heut nacht die hex
sieben acht und neun und zehn
nicht lange mehr, dann musst du gehn

atmest wieder
eins zwei drei

vier fünf sechs

sieben acht neun

was siehst du, wenn du nicht mehr atmest
atmest wieder

sagtest
bevor du gingst
es sei nicht mehr
du willst nicht
sehen was da kommt
sagtest
bevor du gingst
es wird nicht mehr
du kannst nicht
ertragen was da kommt
sagtest
bevor du gingst
es geht nicht mehr
du wirst nicht
miterleben was da kommt

ein zwei drei
und du bist frei
frei bist du noch lange nicht
träumst immer noch ganz fürchterlich
vier fünf sechs
Hitlerjunge Quecks
frei wirst du nie wieder sein
grund dafür ists hitlerlein
sieben acht neun
versuchs mal und sag nein
nein sagst du noch lange nicht
weil dir das das rückgrat bricht

sagtest
als du gingst
nichts mehr
deine welt liegt in trümmern

immer

Das Ende jedes Sommers

Niemanden interessiert, wer da kommt
Niemanden interessiert, wer das ist
Niemanden interessiert, wenn er fort ist

Verliert sich in fremden Ländern
Verliert sich im eigenen Land
Verliert die Freunde
Verliert, weil er kämpft

Wird fremd

Die Länder werden
fremd

Die Sprache
fremd

Atem
fremd

Als er sich selbst fremd geworden war, fing er an zu weinen
unangebracht

Er ließ die Dinge zurück
dort, wo er herkam
hier, wo er ist
dort, wo er sein wird

Schlaflos bist du
immer gewesen

Sahst die Blitze
nicht
spürtest das Beben des Horizonts
nicht

Gegen Morgen griffen Schwalben die Drohnen an
Es war das Ende des Sommers, jedes Sommers

Wenn die Wörter geschrieben sind, bleiben die Narben

eins zwei drei – du bist nicht frei

eins zwei drei
und du bist frei
frei bist du noch lange nicht
träumst danach ganz fürchterlich

vier fünf sechs
Putinjunge Queks
frei wirst du nie wieder sein
grund dafür ists mütterlein

sieben acht neun
versuchs mal und sag nein
nein sagst du noch lange nicht
weil russland dir das rückgrat bricht

die leiche liegt dort tot im feld
der junge mann tats nicht fürs geld
für putin volk und vaterland
sagst nein stelln wir dich an die wand
die wand ham wir kaputt gemacht
damit hier niemand dämlich lacht
wir scheuchen dich zum…
eins zwei drei
und schon bist auch du hackebrei

und jetzt alle:
weiß blau rot’
der maltschik ist jetzt tot
wir lassen ihn dort liegen
dann fressen ihn die fliegen

Аты-баты шли солдаты
Аты-баты на базар.
Аты-баты что купили?
Аты-баты самовар

Tippel-tappel gingen die Soldaten
Tippel-tappel auf den Basar.
Tippel-tappel was kauften sie?
Tippel-tappel einen Samowar.

schaum mal putinchen, was hab ich dich lieb
mein sohn ist gestorben, mein vater ein dieb
ein dieb so wie du
stahl kindern die schuh
nahm hab und auch gut
befeuert die glut
stürzt welt ins verderben
ich freu mich aufs sterben
für dich und fürs Land
wir gehn hand in hand

doch irgendwann bald
ich werd’s noch erleben
werden sie dich kriegen
und anklag erheben
stellen dich an die wand

die haben sie extra für dich stehenlassen

Nie wieder

draußen
über das pflaster
kriecht dein traum

schlaflos bereits seit jahren
kriechst du hinterher
suchst das
nie wieder!
weißt nicht, was das ist

der traum ist aus
nie wieder ist jetzt
hilflose feststellung

der krieg
10 jahre schon

nicht träumen
frühaufstehen

10 jahre schon
nennen sie es anders

der traum ist aus
du kriechst weiter

wär schön gewesen
nur die wurst hat zwei

es geht wieder los

zeit zerrt
an nerven zigtausendfach

was überwunden
was einst normal

es geht wieder los
es wird wieder kalt

vom tanz ein echo
wo ist all die Liebe hin

schwarzblende freiheit
tonblende endlos

2024

Hörst Du den Ruf?
Am Strand der Normandie stirbt ein Seehund
Laut schallt sein letzter Ruf nach Osten
Doch es gibt nur noch wenige, die hören können

Tote Vögel überall
Schwarzer Schnee

Auf den Schlachtfeldern des Jahres 23 kreuzen sich die Wege der Urenkel mit den Urgroßvätern, von denen sie nichts wissen wollten bis sie selbst in der Scheiße stecken
Im Schlamm ihre Knochen

Die Leichtigkeit versinkt
Der Raum wird eng

komm zu mir, bevor es zu spät ist
schreib deinen Körper in meinen
füll meine Seele, bis sie platzt vor Glück
nur einmal noch
leg dich auf mich
brenn dich ein, dass ich gezeichnet bin mit deinem Leben
und stirb den kleinen französischen Tod

wenn die Leichtigkeit Erinnerung wird
Erinnerung verblasst

Veröffentlicht unter Krieg

Wenn der Krieg


Wenn der Krieg vorüber ist
gibt es kein fröhliches Lachen

Wenn der Krieg vorüber ist
ist nur den Zuschauern zum Feiern

Liebe Fernsehzuschauer, pflegt ruhig die Wunden auf eurer Seele.
Aber Achtung: Diese Darsteller sind echt. Es ist unwahrscheinlich, dass es gut ausgeht.
Vielleicht sollten wir für zarte Gemüter in Zukunft einen kleinen Warnhinweis einblenden: Achtung, die Realität enthält Momente, die labile und zartfühlende Personen verstören könnten oder zu Handlungen anregen könnten, die körperliche und seelische Schäden hervorrufen. Sollten Sie zu diesem Personenkreis gehören oder feststellen, dass Sie zu diesem Personenkreis gehören könnten, dann empfehlen wir Ihnen dringend, jeden Kontakt mit der Realität in Zukunft zu meiden.

Als der Krieg vorüber war
feierten sie im sowjetischen Film

Achtung, liebe Fernsehzuschauer, das tun sie dort heute noch. Das ist Propaganda. Es ist nicht sicher, dass außerhalb von Filmaufnahmen ausgelassen gefeiert wurde.

Wenn der Krieg vorüber ist
beginnen die Seelen zu bluten
neigen die Rosen, die nicht verbrannt sind, ihre Köpfe

Wenn der Krieg vorüber ist
verhallt der Kanonendonner
und das Land bleibt still denn

Wenn der Krieg vorüber ist
ist das Land vom Blut getränkt
verseucht mit dem, was nicht explodiert ist

Wenn der Krieg vorüber ist
ist Zeit für Tränen
die Trauer währet lang

Wenn der Krieg vorüber ist
trocknen die Tränen nicht
schließen sich nicht die Narben

Wenn der Krieg vorüber ist
wandern die Menschen

Wenn der Krieg vorüber ist
wandern Bomben im Boden

Wenn der Krieg vorüber ist
wandern die Knochen derer die liegen in der Erde
Die Erde schwitzt die Toten aus

Wenn der Krieg vorüber ist
streifen ihre Seelen
über die Felder
durch die Straßen
durch die Ruinen
in den Köpfen der Überlebenden

Wenn der Krieg vorüber ist
wächst der Hass wie einst die Sonnenblumen auf den Feldern gut gedüngt
wieviel Tote braucht man, um ein Land zum Blühen zu bringen?

Wenn der Krieg vorüber ist
vergeht die Zeit
wie Zeit halt immer vergeht
Und so kommt die Zeit
sich keine Gedanken mehr zu machen über das Vorher und das Währenddessen
es kommt die Zeit
wieder Geschäfte zu machen mit denen, die schuldig sind.
Es kommt die Zeit zu sagen: War doch nicht so schlimm.
Es kommt die Zeit zu sagen: Wir brauchen diese Leute wieder.
Es kommt die Zeit zu sagen: Nun ist aber auch mal gut. Genug ist genug.
Und Gras ist über die Schlachtfelder gewachsen, Sträucher erobern die Häuser derer, die nicht mehr sind
die Häuser derer, die nicht zurückkommen

Dann kommt die Zeit, zu sagen: Ich bin unschuldig. Was konnte ich schon tun. Das waren die da oben, wir kleinen Leute können ja nichts verändern.
es kommt die Zeit, zu sagen: Lass uns zusammensetzen und Wodka trinken

Wenn der Krieg vorüber ist
ist die Zeit zwischen den Kriegen
20 Jahre, 5 Jahre, 50 Jahre, 70 Jahre

Irgendwann kommt die Zeit, in der Ihr das Wodkatrinken, das Verzeihen, das Wegwischen, das Weitermachen verflucht. Aber das ist lang hin. Wenn Ihr Glück habt.

Nein, der Krieg ist nicht vorüber
Denn es kommt die Zeit
in der schwarzer Eiter die Seelen flutet
in der das Gift die Straßen überschwemmt, die Köpfe, die Herzen, die Parlamente

Es kommt die Zeit, in der jemand sagt, es war ungerecht, wir müssen das Unrecht korrigieren.
Und viele werden zustimmen.
Und viele werden kämpfen wollen.
Und viele werden rufen, nein, lasst das. Aber das sind nie genug. Denn die anderen schießen.
Und wenn sie schießen, ist es zu spät.

Die Zeit kommt.

Am Morgen drehen die Sonnenblumen auf den schier endlosen Feldern ihre Blüten nach Osten der Sonne entgegen
Um am Abend die Köpfe nach Westen zu neigen

Doch dann ist es zu spät
Erneut