Corona 9

nach 10 monaten zu hause
fragte er sich
was
er noch
möchte
in den jahren seines lebens

verpasst
und nun
ist es
vorbei
für lange zeit

Lebe jetzt
Demnächst
Mal wieder

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Corona 2

das Zeitgefühl ist aus den Fugen
die Zeit selbst scheint verloren

die Balance
schwierig

das Ich
verloren

die Seele
verliert die Liebsten

möchte dich durch Zufall treffen
möchte überrascht sein
beglückt
dich erst
umarmen
riechen
spüren

längst wird
zuviel gesprochen
genug gesagt

Gedanken gehen rückwärts
zu dir
zu anderen
planlos und schön

halbe Gesichter
halbe Blicke
fremder Atmen
bedrohlich

möchte dich schmecken
kleiner Tod?
große Erinnerung

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Corona 11

kannst du fliegen?

Nein.

ich zeig es dir
schau: so fliege ich hoch zu all meinen freunden

Können die denn auch fliegen?

na klar. denn wenn einer fliegt, fliegen alle

Wie macht ihr das?

weiß nicht. das passiert so, wenn es am traurigsten ist

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Corona 12 Happy End

Mercedesstern am Ostbahnhof –
Happy End bei anhaltender Globalisierung
Sieg der Controller und Buchhalter über grausam entgleiste Ideologien
Alles wird gut, sagt die Mutter zum Kind und weiß nicht, dass sie lügt
Bauhaus, wenn’s gut werden muss

Ziellos die Menschen am Ostbahnhof
Sehen den leuchtenden Stern am ruhigen Weihnachtsfeiertag
Einst war der Bahnhof Hauptbahnhof
Man wusste nicht, wohin
Doch Hauptbahnhof ist wenigstens etwas
Ohne Mercedesstern
Lob des Schlesischen Bahnhofs
Wer will denn schon nach Osten
Wer kommt denn da aus Schlesien

Aus der Bahn geraten
Zeitlos ist hier nur die Eile
Weltweite Logistikfirmen
Mutation des Reisens
Die Waren fahren weiter um die Welt
Das kann doch nicht so einfach aufhören!

Am stillen Weihnachtsabend. Im Zug von Basel nach Berlin. Endstation am Ostbahnhof. Da dachte ich an dich und all die Weihnachtsfeste und ihre Verheißung. Dass es immer so bleiben kann. Dass es immer so weiter geht. Jahr um Jahr. Und dann noch ein Jahr. Weil es so schön ist, glücklich zu sein. Degetomomente. Es ist kalt am Ostbahnhof. Leer der Weg entlang der Mauer. Hergerichtet von Künstlern, damit Berlin die Touristen dieser Welt bestaunen kann. Jeder, der schneller geht in dieser

Heiligen Nacht, macht sich verdächtig. Vergangenheit hat Pause an der East Side Gallery sind keine Touristen zum Verlieben bei dem Wetter. Drehe mich um, als ich Schritte höre. Im Laubengang des Bauzauns der immer weiter wuchernden Hochhäuser am Ufer der Spree. Bald verdecken sie den Blick auf den strahlenden Mercedesstern. Sehne mich nach der Wärme des Sommers. Sehne mich nach deinem Geruch. Es ist schön.

Die Verse sind längst aufgebraucht
Lügen hat nun keinen Zweck mehr
Deutlich klagt der Stern die Menschen an
Jeder kann es sehen
In seinem Licht wird immer noch geraubt und getötet
Weltumspannend versagt die Stimme

Fahren virtuelle Telefonuser um die Welt in Bruchteilen
Gehts in Stücke – Weltweit
Es gibt kein Entkommen vom Planeten
Da hilft auch kein SUV

Stille Stadt seit langem erdrückt den Raum, der sonst betäubt.
Was nützt der Freiraum einsam im kalten Licht des drehenden Sterns am Ufer der Spree. Willkommen zu Hause.
DHL fährt Mercedes.
Weltweite Abholzettel im Hausflur.
Ja.
Es ist wieder Weihnachten.
Die Stadt ist stiller als sonst.

Wenn keine Autos fahren
ist die Zeit der Füchse
Wenn keine Autos fahren
ist Wahrheftigkeit gefordert

Das Grundrecht ist ein Happy End

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