Irren ist wünschenswert – der Senf zur Weltlage 2018

Es ist ja immer schwierig, Ereignisse vorauszusagen, aber dass Wladimir Putin im März erneut zum Präsidenten Russlands gewählt wird, ist schon ziemlich klar. Weitere sechs Jahre wird die Amtszeit dauern. Putin wird, wenn er bis zum Schluss im Amt bleibt, 71 Jahre alt sein und 20 Jahre an der Spitze Russlands gestanden haben, plus vier Jahre als Premierminister. 20 bzw. 24 Jahre haben nur wenige Staatschefs geschafft, und die meisten nicht demokratisch.
Den Ausblick auf das Jahr mit Putin hat SWR2 heute morgen (5.1.18) gesendet:

Putin wird nicht schummeln müssen. Die Mehrheit der Russen steht hinter ihm. Sie haben ja auch keine andere Wahl. Alle ernst zunehmenden politischen Kräfte sind längst ausgeschaltet. Und die Medien singen das hohe Lied des Herrschers. So machen Wahlen Spaß – jedenfalls Wladimir Putin. Da braucht er nicht mal eine Partei.

Putin muss Kritik nicht fürchten, er steht für Stabilität, ist derjenige, der Russland wieder groß macht und an die Großmacht Sowjetunion anknüpft, die der Welt die Stirn bietet. Putin Molodez – ein Prachtkerl halt. Er holt die großen Welt-Sportereignisse nach Russland, 2018 wird er sich im Licht der Fußball-WM sonnen.

Putin bewahrt Russland vor Chaos, wie wir es angeblich in der EU haben, vor dem Niedergang westlicher Demokratien und vor Demokraten, die doch nur eins im Sinn haben, Länder ins Chaos zu stürzen – siehe Ukraine.

Putin hat leichtes Spiel: In großen Teilen der Bevölkerung sind Liberalismus und Demokratie negativ besetzt. Die Begriffe stehen für die 90er Jahre, als das Land in Armut und Chaos versank. Putin ist der Politiker, der all das beendet hat. Medien und staatliche Stellen schüren Angst, dass sich so eine Situation wiederholen könnte.

2018 wird erneut das Jahr von Vladimir Putin. Das ist nicht gut, denn Putin ist ein erklärter Gegner von Liberalismus und Demokratie. Nicht nur im eigenen Land. Regierung und Propaganda vertiefen bewusst Gräben zu anderen Staaten. Die Regierung verstößt gegen Verträge, die Russland nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion unterschrieben hat, hält sich nicht an Absprachen und macht dafür die verblüfften Partner vor allem in Westeuropa verantwortlich. Erfolgreich. Das unsinnige Gerede von einer Wiederauflage der Systemkonfrontation, eines neuen kalten Krieges, setzt sich fest. Die russische Propaganda zeigt Wirkung. Es sind die Überbringer schlechter Nachrichten, die für eine angeblich negative Russlandberichterstattung verantwortlich gemacht werden.

Putin nutzt die Schwächen anderer Menschen gnadenlos aus. Erinnern wir uns kurz daran, wie er Angela Merkel mit seinem Hund verschreckte, wohl wissend, dass Merkel als Kind von einem Hund angefallen wurde und Angst vor Hunden hat. Diese Episode steht stellvertretend für den Regierungsstil Russlands unter Putin. Es ist immer noch schwer vorstellbar dass jemand so schamlos lügt, wie es die russische Führung unter Putin tut. Putin verehrt Stalin und droht Nachbarn offen. Und er sieht sich als derjenige, der die slawischen Stämme eint. Zuletzt beschwor er während seiner Pressekonferenz Mitte Dezember die Einheit der Ostslawen, das mittelalterliche Reich der Rus, das in Kiew seinen Ursprung hatte. Wir sind ein Land, sagte er – das kann man auch als Ankündigung verstehen, die Ukraine langfristig einzugemeinden. Zumal Putin sehr wohl weiß, dass kein Nato-Soldat für die Ukraine in den Krieg ziehen wird.

Die Regierung Putin wird auf Konfrontationskurs bleiben. Das muss man ernst nehmen. Er macht, was er ankündigt, und manchmal macht er Sachen, die er nicht angekündigt hat. Das wird auch 2018 dafür sorgen, dass die Lage kein‘ Deut besser wird. Ich hoffe, ich irre mich.