Sommerhaut

würzig die haut
leichte luft
etwas fehlt
auf frischem gras

in der sonne des südens ostens
täuscht der geist
wo ich kam
fehlt etwas

10.000 kilometer
bin gern da
wo ich kam

Etwas fehlt im Sommer, der die Haut so würzig macht und
bitter scharf
dein kuss

du fehlst

Schreibe Deinen Namen

Junge?
Ja, Großvater…
Ist alles in Ordnung?
Ich habe Angst.
Wovor?
Vor dir in mir und allem, von dem ich nicht weiß, dass ich es weiß.

Achte auf den Weg, Junge. Es gibt dort viele Abzweigungen. Den Tiergartentunnel, die Bernauer Straße. Sarajevo. Bis Gaza.
Kommst du mit mir, du kennst den Weg, warst schon in den Tunneln von Ost nach West, von Nord nach Süd, auf dem Weg zum Flugplatz, unter den Häusern der neuen Stadt, gebaut wie einst zu Babel und doch nur Hochhäuser auf den Wunden.

Überbaute Wunden! Lasst Luft ran, es eitert noch und puckert unter Asphalt, der Grind nur übergossen mit Spritzbeton, zugemauert mit neuen Steinen, rotem Klinker in den Fassaden. So heilt es nicht. Es pocht noch. Im Herbst, wenn die Blätter fallen von den Bäumen auf die Wege in die Köpfe Schlafende wecken längst Totgeglaubte – achte auf den Weg, Junge – Ruß an den Wänden des Reichstags. Na, wo der wohl herkommt? Weiß nicht längst vergessen schwarz und schmierig rutschfest ist hier gar nichts mehr wenn es endlich Winter wird in Berlin spät im März erst wenn doch eigentlich der Frühling den Asphalt brechen sollte die Sonne gibt den Krokussen Kraft ist alter Eiter ein guter Dünger für Frühlingsblumen?

Brandstifter. Brennt Beton erneut, wenn Nazis durch die Straßen ziehen. Alternativlos für Deutschland. Liberal klingt gut in Zeiten, in denen auch der letzte begriffen hat, dass man neue Etiketten braucht für den Schwindel der Behauptung. Klingt halt besser.

Oh! Jetzt schneit es noch später als der Frost die Herzen abgekühlt hat – Deutsche, friert deutsches Sperma ein, bevor es zu spät ist, tragt bei zum Erhalt des Volkskörpers, opfert euren Körper, ihr Mütter, damit nicht ausstirbt, was eigentlich egal ist: die Landessprache ist Deutsch an einem schönen sonnigen Tag an dem es sehr kalt wurde im Land das früher gern mal mit Menschenkörpern geheizt hat Seife aus deren Fett gemacht hat und fand man eine schöne Tätowierung taugt die Haut zum Lampenschirm. Oh, schaut mal Kinder, ist das gemütlich!

Schande denen, die drüber reden, die es aufarbeiten, Denkmäler errichten. Diskussion ist nicht erwünscht, erstickt den Diskurs, schafft jeder seine eigene Wahrheit in den Köpfen spukt sie noch was ich nicht will das nicht sein kann alternative Fakten für Deutschland wird es irgendwann Wahrheit.

Schnee fällt in die Köpfe, oben offen, verwässert die Gedanken, schockgefrostet die Gefühle.

Diskussion nicht mehr erwünscht, die Mehrheit sagt, was Sache ist.

Dichter stehen sie zusammen und warten auf die Suppe. Treten einander in die Waden – nein, es reicht nicht für alle – wieso eigentlich nicht.

Der Ostwind ist mit Regen durchsetzt, Eiskristalle fast waagerecht zwingen in die Horizontale. Schon früh am Abend wird es dunkel. Heizen ist keine Lösung. Ist der Verbrauch von russischem Gas bereits eine Meinungsäußerung oder schon einen Schritt weiter?

Ja, Opa, ich weiß, es kann schlimmer werden. Ihr habt dafür gesorgt, dass ich Angst habe, wissend und doch ahnungslos, was zu tun ist, waren doch bei euch immer die Juden schuld. Es wird schlimmer werden, aber das ist wohl normal, niemand ist darauf vorbereitet, dabei wissen alle, wir leben im Ausnahmezustand, erst wenn gestorben wird, erst wenn gemordet wird, erst wenn unterdrückt wird, ist der Normalzustand wieder hergestellt.

Ist der Normalzustand wirklich alternativlos. Sprechen wir Deutsch. Jeder weiß es, nur das Bewusstsein kommt mal wieder nicht nach. Schafft sie ab, die Diskussion, Deutsche Frauen haben Sex auf Deutsch! Missionarsstellung! Nur dann kommen deutsche Kinder. Biodeutsche – ein Scheißwort.

Den Steinen ist der Ruß egal. Ruhe findest du nicht in der Wüste, in der du geblendet atmest, findest du nicht auf See, das Wasser ist nie still. Dich treibt der Wind. Erst in der Leere wirst du die Schuld erkennen. Und hüte dich, dass du nicht weggespült wirst.

Was machst Du?
Ich schreibe.
Was, Junge?
Ich schreibe Worte, Sätze. Ich denke.
Kannst du davon leben?
Die Worte sind auch so da. Ich bin nicht wichtig. Sie kennen mich nicht. Sie nehmen mich nicht wahr. Ich schreibe sie auf und vergesse sie anschließend. Manchmal lese ich sie vor.
Kannst du davon leben, Junge?
Es geht. Ich schreibe viel.
Junge, damit kommst du nicht weit.
Doch, ich bin bald weit weg.
Gehst du allein, Junge.
Nein. Ich habe eine Frau. Ich gehe mit ihr.
Was sind 5 Jahre gegen dein Alter.
5 Jahre gehen vorbei.
Alles wird anders sein.
Anders wird es erst, wenn ich euch nicht mehr treffe.
Das macht nichts.
Die Steine bleiben.
Solange kein Wasser sie schleift. Ständige Friedenskacke, klappt nicht, wenn’s ernst wird. Geht keiner hin. Auch so’n Quatsch. Und die Selbstbestimmung des einzelnen. Horizonteinschränkung durch Friedenspädagogik. Danke für den Hinweis. Ich war 19, als ich daran geglaubt habe. Die meisten Soldaten, die im Krieg sterben, sind wohl 20. Auch das die immer gleiche Scheiße von Befehl und Gehorsam, Leben und Tod. Was soll’s, wenn wir uns doch stets wiedersehen. Wenn doch der Beton die Saat nicht halten kann und Eiter durch die Straßen strömt hinaus ins Land und begräbt.

Schmerzhafter Schreibprozess.
Stummer Schrei.
Papier gegen Stein.
Das Kind schreit gegen das Gesicht des Alten. Und das ist schon lang nicht mehr das Gesicht des Bösen.
Rebellion gegen die Langeweile.
Was passiert eigentlich, wenn jeder glaubt, was er will, und nichts mehr stimmt? Ihr immer mit euren Fakten.
Mit dem Gesicht des Alten schreit das Kind gegen Papier und Steine. Schere, Stein, Papier. Sticht.
Aua!

Ey, hast du mal ein bisschen Kleingeld für mich? Ich bin schon die ganze Straße rauf und runter. Nichts hat geklappt. Ich weiß jetzt echt nicht weiter. Nur ein paar Cents, das wär echt nett. Ich wohn da im Park mit meinem Freund. Sonst verkaufen wir immer die Zeitung zusammen mit meinem Freund. Aber heute klappt echt nichts.

Es riecht nach verbranntem Fleisch.
Ich streue Asche auf den frischen Schnee.
Ich male Gesichter in den schwarzen Schnee.
Wenn der Schnee taut, schreibe ich Namen in den nassen Staub, der von ihnen übrig geblieben ist.
Nur deinen Namen schreibe ich nie wieder.
Sind das deine Freunde, Junge.
Und wenn schon.

*Kurze Anmerkung: Den Text hatte ich vergessen und war überascht. Er ist von 2018.

Deine Hände

schließe die augen
möchte tasten
schmecken

deinen atem
einen hauch

deinen duft
pure verheißung

fass mich endlich an!

du hauchst
mit fingerspitzen zart

kommst nie nah genug

endlich deine hand
die spitzen deiner brüste

atme dich
verliere mich

und ruh kehrt ein
und flutet mich

eins zwei drei – du bist nicht frei

eins zwei drei
und du bist frei
frei bist du noch lange nicht
träumst danach ganz fürchterlich

vier fünf sechs
Putinjunge Queks
frei wirst du nie wieder sein
grund dafür ists mütterlein

sieben acht neun
versuchs mal und sag nein
nein sagst du noch lange nicht
weil russland dir das rückgrat bricht

die leiche liegt dort tot im feld
der junge mann tats nicht fürs geld
für putin volk und vaterland
sagst nein stelln wir dich an die wand
die wand ham wir kaputt gemacht
damit hier niemand dämlich lacht
wir scheuchen dich zum…
eins zwei drei
und schon bist auch du hackebrei

und jetzt alle:
weiß blau rot’
der maltschik ist jetzt tot
wir lassen ihn dort liegen
dann fressen ihn die fliegen

Аты-баты шли солдаты
Аты-баты на базар.
Аты-баты что купили?
Аты-баты самовар

Tippel-tappel gingen die Soldaten
Tippel-tappel auf den Basar.
Tippel-tappel was kauften sie?
Tippel-tappel einen Samowar.

schaum mal putinchen, was hab ich dich lieb
mein sohn ist gestorben, mein vater ein dieb
ein dieb so wie du
stahl kindern die schuh
nahm hab und auch gut
befeuert die glut
stürzt welt ins verderben
ich freu mich aufs sterben
für dich und fürs Land
wir gehn hand in hand

doch irgendwann bald
ich werd’s noch erleben
werden sie dich kriegen
und anklag erheben
stellen dich an die wand

die haben sie extra für dich stehenlassen

Nie wieder

draußen
über das pflaster
kriecht dein traum

schlaflos bereits seit jahren
kriechst du hinterher
suchst das
nie wieder!
weißt nicht, was das ist

der traum ist aus
nie wieder ist jetzt
hilflose feststellung

der krieg
10 jahre schon

nicht träumen
frühaufstehen

10 jahre schon
nennen sie es anders

der traum ist aus
du kriechst weiter

wär schön gewesen
nur die wurst hat zwei

es geht wieder los

zeit zerrt
an nerven zigtausendfach

was überwunden
was einst normal

es geht wieder los
es wird wieder kalt

vom tanz ein echo
wo ist all die Liebe hin

schwarzblende freiheit
tonblende endlos

Iryna

und als der schnee geschmolzen war
zu früh in diesem jahr

und als aus liebe angst wurde
um dich

und als du nackt lagst auf dem moos
im wald

und als du rochst nach erde und holz
vom herbst noch

da suchte ich dich
da fand ich dich
so wie du bist

gewärmt von deiner sehnsucht nach mir
gewärmt von meiner sorge um dich

und legte mich zu dir
ganz eng

und als das jahr vorüber war
und als wir vom schnee bedeckt waren
und als das frühjahr uns wärmte
und als der sommer uns trocknete

da blieb von uns die liebe

2024

Hörst Du den Ruf?
Am Strand der Normandie stirbt ein Seehund
Laut schallt sein letzter Ruf nach Osten
Doch es gibt nur noch wenige, die hören können

Tote Vögel überall
Schwarzer Schnee

Auf den Schlachtfeldern des Jahres 23 kreuzen sich die Wege der Urenkel mit den Urgroßvätern, von denen sie nichts wissen wollten bis sie selbst in der Scheiße stecken
Im Schlamm ihre Knochen

Die Leichtigkeit versinkt
Der Raum wird eng

komm zu mir, bevor es zu spät ist
schreib deinen Körper in meinen
füll meine Seele, bis sie platzt vor Glück
nur einmal noch
leg dich auf mich
brenn dich ein, dass ich gezeichnet bin mit deinem Leben
und stirb den kleinen französischen Tod

wenn die Leichtigkeit Erinnerung wird
Erinnerung verblasst

Veröffentlicht unter Krieg

Tee

dein hauch an meinem nacken
warm und feucht von grünem tee

deine zähne
knabbern
reissen
fordern
wandern

dein biss
mein schrei
dein lachen
mein tod

vergiss alle vampirfilme: trink tee und dann beiß mich!