Die Weltlage ist unbekömmlich. Zeit, mal wieder meinen Senf dazu zu geben.
Wochenkommentar, Deutschlandradio Kultur:
http://www.deutschlandradiokultur.de/gescheiterte-syrien-gespraeche-russlands-gefaehrlicher.996.de.html?dram:article_id=367932
Um den Weltmachtstatus zu unterstreichen, ist der russischen Regierung unter der Führung von Wladimir Putin zur Zeit offensichtlich alles recht. Skrupellos hat Russland den Bürgerkrieg in Syrien in einen chaotischen Stellvertreterkrieg verwandelt. Leider führt an diesem Begriff aus der Zeit des Kalten Krieges kein Weg vorbei. Putins Russland ist kein Partner, Putins Russland ist ein Gegner und möchte auch gar nichts anderes sein. Es knüpft an die Rituale des Kalten Kriegs an. Um Missverständnissen vorzubeugen: Das heisst noch lange nicht, dass wir eine Neuauflage des Kalten Krieges erleben. Die Situation hat sich in den letzten 25 Jahren doch zu stark verändert.
Russlands Aggression hat die Freundlichkeiten des Westens schrumpfen lassen. US-Außenminister Kerrys Absage an weitere Syrien-Gespräche ist nur konsequent und zielsicher. Konsequentes Handeln ist etwas, das Putin gar nicht mag.
Das Gerede von Partnerschaften und vom Frieden, wird von den Handelnden in Russland schon lange ad absurdum geführt. Gibt es irgendjemanden in der westlichen Diplomatie, der dieser russischen Regierung noch in irgendeinem Punkt glaubt? Deeskalation wäre schön. Aber wer gewährleistet, dass Russland da richtig spielt? Die Erfahrungen bei der Umsetzung des Friedensabkommens für die Ukraine lassen daran massiv zweifeln. Für Wladimir Putin ist Gewalt ein legitimes Mittel der Politik. Ebenso ist es mit Betrug. Russland spielt falsch. Und die menschenverachtenden Pläne gehen auf. Die Ukraine ist langfristig destabilisiert. Assad ist immer noch das Oberhaupt eines völlig im Chaos versunkenen Gebildes, das mal Syrien war. Russland hat sich zurückgebombt auf die Weltbühne, nun gilt es die USA vorzuführen, um den eigenen Großmachtstatus zu festigen und die Nachfolge der Sowjetunion anzutreten. Ein Trugschluss. Russland ist nicht die Sowjetunion, auch wenn es deren Sitz im Weltsicherheitsrat geerbt hat. Und auch die Sowjetunion ist am eigenen Größenwahn zugrunde gegangen.
Russland leidet unter massiver Selbstüberschätzung. Ohne den Sitz im Weltsicherheitsrat wäre es nur noch eine Regionalmacht, wie Obama es bereits nach der Annexion der Krim im März 2014 gesagt hat. Russland ist gerade mal stark genug, Kriege zu eskalieren, Konflikte zu schüren, Nachbarländer ins Chaos zu stürzen, wenn diese nicht nach der Pfeife der Kremlherrscher tanzen. Aber das reicht, um die Welt durcheinander zu wirbeln.
Putin geht es um Macht. Und diese Macht lässt sich das Regime viel kosten. Russlands finanzielle Reserven schmelzen. Noch sind große Teile der Bevölkerung förmlich trunken vor Stolz, dass Russland sich wieder wie eine Großmacht aufführt. Doch der Wohlstand sinkt. Der Hurrapatriotismus weicht immer öfter der Ernüchterung. Das Regime hat vorgesorgt, dass das nicht in Proteste umschlägt, ist vollständig Herr der Öffentlichkeit und der Justizwillkür. Wer die Annexion der Krim kritisch sieht, kann wegen Separatismus zu hohen Strafen verurteilt werden. Wer die ruhmreiche Geschichte der Sowjetunion hinterfragt, gilt als Faschist und Vaterlandsverräter. Immer größere Teile der Russen flüchten sich in eine Agonie, wie am Ende der Sowjetunion.
Putins Macht und Russlands Weltmachtansprüche sind äusserst fragil. Um das auszubauen oder zu festigen, ist dieser Regierung alles zuzutrauen. Zurzeit sind Syrer und Ukrainer die Opfer und die Freiheit der Menschen in Russland. Wozu ist das Regime noch bereit, um den Großmachtstatus zu manifestieren? Wenn es schief läuft, dann bleibt am Ende auch der Friede im Rest Europas auf der Strecke, nur damit dieses Regime behaupten kann, es sei eine gefährliche Weltmacht.