Hier der Senf zur Weltlage, SWR2, Die Meinung:
Am Wochenende findet in Hamburg der G20-Gipfel statt, das treffen der 19 größten Industrie- und Schwellenländer der Welt und der EU. Etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung leben in den 19 Staaten, die sich da treffen, ergänzt um die Europäische Union. Allein China und Indien repräsentieren etwa ein Viertel. Die G20 erwirtschaften mehr als 85 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts und wickeln drei Viertel des Welthandels ab. Neben den USA, China und Russland sind auch Länder wie Indien, Brasilien, Saudi-Arabien oder Südafrika. Am Ende steht eine Erklärung, in der die G20 dann der Welt mitteilen, wie es um die Welt steht und ein menschenwürdiges Leben erreicht werden soll. Menschenwürdiges Leben?
Weltweiter Handel und internationale Gipfel wie der G20 sind eigentlich dazu da, die Situation der Menschen in aller Welt zu verbessern. Und zwar vor allem der Menschen, die Opfer des Reichtums und Wohlstands der Industrieländer sind. Doch in Hamburg wird es nicht wirklich darum gehen, Gerechtigkeit herzustellen und Menschen die Rechte zu ermöglichen, die ihnen zustehen. Um das vorherzusagen reicht ein Blick auf die Situation in den Teilnehmerländern. Es wird weder bei der Ausbeutung ärmerer Menschen durch die Konsumbedürfnisse reicher Bevölkerungen Fortschritte geben, noch beim Weltklima. Dabei sind dies die Hauptgründe für die anhaltenden weltweiten Fluchtbewegungen.
Stattdessen ist G20 eine Bühne für eitle Autokraten und Diktatoren. Fangen wir mit Russland an. Durch maximal destruktives Verhalten bettelt Putin förmlich darum, dass sein Land als Weltmacht nach Vorbild der menschenverachtenden Sowjetunion akzeptiert wird. Das ist einer der Hauptgründe für Russlands Kriege in der Ukraine und in Syrien: Zu beweisen, dass es machen kann, was es will. Zugleich buhlt Putin um China, um die Vormacht der USA und Europas zu stören. China selbst missachtet Menschenrechte, als gäbe es diese gar nicht. Und das macht nicht nur politisch Andersdenkenden das Leben schwer. Chinas ungebremster Einparteienkapitalismus führt zu menschenverachtenden Zuständen in den Fabriken, die die reichen Länder mit billigen Produkten versorgen. Arbeitnehmerrechte? Die kennen Chinesen nur aus Parteiprogrammen ihrer Kommunistischen Partei – nicht aber im Alltag. Zusätzlich unterstützt China Nordkorea und provoziert Kriege im Südchinesischen Meer.
Die USA? Ihr Ruf als Hüter von Menschenrechten und Demokratie hat nie einer Belastungsprobe standgehalten. Ihr neuer Präsident rüpelt sich derzeit durch seine Amtszeit. Und propagiert finsterste Günstlingswirtschaft.
Noch mehr als andere Treffen zuvor wird dieser G20 Gipfel in Hamburg von Einflusssphären und gegenseitiger Destruktion bestimmt werden. Dabei können in einer vernetzten Welt Gesellschaften nicht mehr isoliert gedacht werden. Denn Globalisierung fördert Menschenrechtsverletzungen, Kriege, Vertreibung.
Doch Flucht und Migration sind offensichtlich nur ein Randthemen des Gipfels. Wer aber Menschenwürde weltweit zum Ziel hat, kommt an den Ursachen einer der größten Völkerwanderungen aller Zeiten nicht vorbei: Ausbeutung und Klimawandel. G20 ist ein Barometer der Weltlage, es steht auf Sturm. Und die Menschen und ihre Rechte? Fortgespült wie eine Sandburg bei Sturmflut.